Alles pink? Arbeiten ohne Klischees

Morgenandacht

Gemeinfrei via unsplash/ ThisisEngineering

Alles pink? Arbeiten ohne Klischees
Morgenandacht von Landespfarrerin Petra Schulze
25.04.2024 - 06:35
25.03.2024
Landespfarrerin Petra Schulze
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Die Sendung zum Nachlesen: 

Heute ist in vielen Unternehmen, Werkstätten, Büros und Labors der Girls‘ und Boys‘ Day. Der bundesweite Mädchen- und Jungen-Zukunftstag. Es geht um klischeefreie Berufsorientierung. Schüler*innen können sich heute in Berufen ausprobieren, die oft noch entweder Mädchen oder Jungen zugeschrieben werden. Ein Junge erlebt, wie ein Tag als Erzieher in einer Kita aussieht. Ein Mädchen arbeitet einen Tag in einer Autowerkstatt mit.

Es geht ja darum herauszufinden, was eine gut kann, was einer von Herzen gern tun und lernen möchte. Erstmal ohne Barrieren im Kopf. Denn es gibt wichtigere Fragen als Rollenklischees: Ist der Beruf wirklich so, wie ich ihn mir vorgestellt habe? Bin ich begabt dafür oder liegt mir vielleicht etwas ganz anderes?

Viele Hindernisse in der Arbeitswelt sind inzwischen überwunden. Das ist noch gar nicht lange her. Eine Cousine von mir wollte Schreinerin werden. Das war Mitte der 1990er Jahre. Keine Chance. Zwar gab es ein paar reine Frauenbetriebe, aber da war kein Platz frei. Die anderen: nur Männer und - keine Damentoilette, obwohl vorgeschrieben bei einer bestimmten Betriebsgröße. Aber wo keine Frau, da auch keine Toilette für Frauen. Damit war in solchen Betrieben keine Ausbildung einer jungen Frau erlaubt.

Vieles hat sich seitdem zum Besseren verändert. Aber eine Barriere ist nach wie vor die unterschiedliche Entlohnung. Noch immer verdient man in den so genannten frauentypischen Berufen weniger als in den Jobs, die eher Männern zugeschrieben werden. Und noch immer werden Frauen in den gleichen Jobs oft geringer bezahlt als Männer. Hinzu kommt, dass Frauen oft die Kinder erziehen und die Pflege in der Familie übernehmen. Sie können dadurch längere Zeit nicht oder mit weniger Stunden einer Erwerbsarbeit nachgehen.

Da klafft dann am Ende eine finanzielle Lücke – spätestens bei der Rente. Diese Lücke – der sogenannte Gender-Gap am Arbeitsmarkt – beträgt 39 Prozent. (1) Solche Ungerechtigkeiten zwischen Frauen und Männern gehören abgeschafft. Da ist noch viel zu tun. Die Mädchen und Jungen, die sich heute am Girls‘ und Boys‘ Day in verschiedenen Berufen ausprobieren, werden später hoffentlich Fortschritt in Sachen Gerechtigkeit erleben.

Es gibt in der Bibel eine Stelle, die ist erstaunlich klischeefrei. Der Apostel Paulus beschreibt, dass der Glaube an Jesus Christus die Unterschiede und Festlegungen zwischen Menschen aufhebt. Paulus sagt: „Hier ist nicht männlich noch weiblich. Wir sind alle eins in Christus.“ (Galater 3,28) Das war damals revolutionär und ist es bis heute. Alle eins und doch verschieden. Mit vielen Begabungen und Fähigkeiten. Es geht darum, diese zu nutzen, ganz gleich welchem Geschlecht ich mich zugehörig fühle.

Klischeefrei sich was trauen. Das macht den Girls und Boys der Männer-Fußball vor. Das neue Trikot für Auswärtsspiele bei der Europameisterschaft ist pink und lila. Ein Trikot für Legenden, meinen Thomas Müller und Rudi Völler in einem Vorstellungsvideo. Ausgerechnet Pink im Männer-Fußball?

Eigentlich ist das sogar back to the roots. Denn bis in die 1940er Jahre war Rosa eine Jungenfarbe und Blau die Farbe für Mädchen – eine spannende Geschichte der Farben, die mal so und mal anders gedeutet wurden. Rosa und Pink – erst war es eine Erfolgsfarbe für Mächtige und das waren meist Männer. Dann machten es die Nazis zur Farbe für die Abzeichen der homosexuellen Häftlinge im Konzentrationslager. Mit der Einführung der Barbiepuppe kam die pinkfarbene Verpackung in fast jedes Haus. Generationen von Mädchen werden von da an auf Rosa und Pink geprägt.

Vieles ist im Fluss – wie wir es sehen, wie wir es deuten können. Das macht mir Mut. Denn es zeigt: Wir können selbsterrichtete Barrieren im Kopf überwinden. Ausprobieren, ob‘s so sein muss oder ob‘s nicht auch anders besser geht.

Pink, blau, weiß, grün, rot oder schwarz – wie und wann es wem gefällt. Es lebe die klischeefreie Vielfalt. Die Farbe für Legenden.

Es gilt das gesprochene Wort.

 

Anmerkungen zur Sendung:

  1. https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2024/03/PD24_083_621.html (zuletzt abgerufen am 16.04.24)

 

Weitere Informationen:

  1. https://www.bafza.de/engagement-und-aktionen/girlsday-und-boysday
  2. https://www.geo.de/wissen/19876-rtkl-geschlechterklischees-warum-die-farbe-rosa-einst-maennersache-war
  3. https://www.welt.de/print/die_welt/politik/article13232160/Als-richtige-Jungen-noch-Rosa-trugen.html
25.03.2024
Landespfarrerin Petra Schulze