Himmel ist, wo Gott wartet

Wort zum Tage
Himmel ist, wo Gott wartet
14.08.2018 - 06:20
20.06.2018
Michael Becker
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Eigentlich will ich nur eine Lampe kaufen. Eine kleine, helle für den Schreibtisch. Man wird nicht jünger und die Augen werden nicht besser. Weil ich schnell weiß, welche ich will, bin ich bald in ein Gespräch verwickelt über Alter, gutes Sehen und vielleicht hinfällig werden. Der Verkäufer ist noch jung, aber ganz interessiert und nachdenklich. Und sagt auf einmal: Man stirbt besser, wenn man weiß, wo man danach hinkommt. Ich bin verblüfft, sprachlos. Ein junger Mann spricht vom Tod. Gelassen spricht er, beinahe freundlich. Er lächelt sogar ein bisschen, als er noch sagt: Stimmt doch, oder? Ja, sage ich, ohne länger nachzudenken, zahle die Lampe, nehme sie unter den Arm und gehe.

            Draußen dann denke ich nach. Man stirbt besser, hat er gesagt, wenn man weiß, wo man danach hinkommt. Für den jungen Mann stimmt das. Ich merke es am Klang seiner Stimme. Er spricht unaufgeregt, will mich nicht überreden. Er will nur etwas feststellen. Als meine Straßenbahn kommt, würde ich ihm gerne noch zuwinken, sehe ihn aber nicht mehr. Er hat wohl wieder einen Kunden. Ich bin alleine mit seinem Glauben. Das genügt mir, um nachzudenken. Vielleicht meint er den Himmel, von dem viele oft sprechen. Himmel ist, wo Gott wartet, denke ich. Viele schauen zum Himmel, wenn sie an ihre Toten denken. Fußballer machen das oft, wenn ihnen ein Tor gelungen ist. Sie schauen nach oben, öffnen die Hände oder winken mit den Fingern, denken an Vater oder Mutter, Opa oder Oma. Und hoffen wohl, dass die zusehen.

            Die Toten sollen nicht weg sein, hoffen wir. Sie sollen noch sein, uns sehen, uns hören, sich mit uns freuen oder bangen. Und warten sollen sie. Warten auf uns. Man stirbt besser, wenn man weiß, wo man danach hinkommt. Ein Satz über den Himmel. Wo der ist, weiß keiner. Dass Gott da wartet, hoffen viele. Ganz viele. Es kann doch nicht einfach vorbei sein, das Leben. Als wäre es nie gewesen. Da muss mehr sein. Noch mehr Liebe. Wahre, bleibende Liebe ohne Berechnung. Irgendwo muss Gott ja sein und warten. Sagen wir doch einfach Himmel dazu. Oder Paradies, wie Jesus. Der weite Raum, in dem Gott wartet. Mit seiner Liebe, die nie enden wird.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

20.06.2018
Michael Becker